Netflix versucht sich mit „Avatar – Der Herr der Elemente“ an einer weiteren Live-Action-(Serien-)Adaption einer beliebten Zeichentrickserie. Ob das Ergebnis gelungen ist, könnt ihr in unserer Kritik lesen.

Die besten Adaptionen sind jene, die sich nicht anmaßen, es besser zu wissen als das Material, auf dem sie basieren. Es ist eine Lektion, die M. Night Shyamalan im Jahre 2010 auf die harte Tour lernen musste, als „Die Legende von Aang“ erschien und Fans reihenweise auf die Barrikaden gingen. Wie sich herausstellen sollte, vollkommen zu Recht. Der Film hatte nicht viel gemeinsam mit der beliebten Zeichentrickserie, mit der so viele Fans aufgewachsen waren und gilt bis heute als eine der schlechtesten Live-Action-Adaptionen des Genres. „Avatar – The Last Airbender“, im deutschsprachigen Raum unter dem Titel „Avatar – Der Herr der Elemente“ ausgestrahlt, ist nach wie vor wohl eine der beliebtesten Zeichentrickserien überhaupt. Wenig verwunderlich ist also, dass Netflix, selbst nach der katastrophalen Erstverfilmung hier eine neue Chance witterte.

von Lena Wasserburger

Die Skepsis gegenüber der Live-Action-Serienadaption von „Avatar“, die nun seit 22. Februar bei Netflix zu sehen ist, ist – wie so oft, wenn das Quellmaterial sich so großer Beliebtheit erfreut – durchaus gerechtfertigt. Die Trailer und Teaser versprachen viel, doch wer viel verspricht, der muss auch abliefern. Ist dies gelungen?

Nun, das kommt wohl darauf an, was man sich von der Serie erwartet. Wer hier mit einer Bild für Bild nachgedrehten Adaption rechnet, der kann nicht anders, als enttäuscht zu werden. Eine solche Entwicklung war jedoch vorherzusehen. Eine Adaption ist nun einmal eine Adaption, was bedeutet, dass das Material hier und da an das jeweilige Format, in diesem Fall insgesamt acht Episoden, angepasst werden musste. Hardcore-Fans des Originals sei also dazu geraten, an dieser Stelle auf dem Absatz kehrt zu machen, wenn diverse Abweichungen von der Ursprungsserie für sie unverhandelbar sind. Wer jedoch bereit ist, der Serie eine Chance zu geben, der wird vielleicht positiv überrascht werden.

Für diejenigen, denen „Avatar – Der Herr der Elemente“ bislang kein Begriff war, hier eine kurze Zusammenfassung der Handlung: Wir befinden uns in einer Welt, bestehend aus vier unterschiedlichen Nationen, charakterisiert durch die vier Elemente: Wasser, Erde, Feuer und Luft. Einige Bewohner dieser Nationen verfügen über außergewöhnliche Fähigkeiten – sie werden auch Bändiger genannt und „bändigen“ jeweils eines der vier Elemente. Eine Ausnahme ist der Avatar, der alle vier Elemente in sich vereint und als Wächter des Friedens die vier Nationen ausbalanciert.

In „Avatar – Der Herr der Elemente“ folgen wir der Reise des jungen Aang, der jüngsten Inkarnation des Avatars, dem letzten Luftbändiger und seinen Freunden. Ihre Mission: Die Feuernation, die seit nun 100 Jahren Krieg gegen die anderen Nationen führt und diese erobern will, besiegen und die Welt wieder ins Gleichgewicht bringen. Auf ihrer Reise begegnen Aang und seinen Gefährten unzählige Gefahren und sie erleben zahlreiche Abenteuer. Und dann ist da auch noch der verstoßene Prinz der Feuernation, Zuko, der Aang um jeden Preis fangen und so seine Ehre wiederherstellen will. So zumindest die Kurzfassung der Handlung, die sich im Original über drei Staffeln erstreckt. Ob es auch die Netflix-Version bis zu Staffel 3 schafft, bleibt abzuwarten.

Eines steht bereits ganz zu Beginn fest – man hat aus den Fehlern von M. Night Shyamalan gelernt. Die erste Episode der Serie bemüht sich, ein möglichst lautes „Wir haben euch gehört!“ in Richtung der Fans zu rufen. Es ist ein Ruf, der nicht jeden Fan erreichen, aber doch Gehör finden wird. Angefangen bei den Casting-Entscheidungen über die Dialoge bis hin zu den Effekten hat man sich hier Mühe gegeben, den „Spirit“ des Originals einzufangen und in neuer Kleidung wiederzugeben. Die Welt von Avatar in den Live-Action-Bereich zu übersetzen wäre in jedem Fall eine Challenge mit enormer Fallhöhe gewesen, doch es ist schön, zu sehen, dass hier ein aufrichtiger Versuch gewagt wurde. Andererseits konnte die Serie nach ihrem so miserablen Vorgänger ja nur besser werden.

Natürlich lässt sich trotzdem einiges an „Avatar – Der Herr der Elemente“ bekritteln. Nämlich die Ecken, an denen das Budget manchmal vielleicht etwas knapp geworden zu sein scheint. Die CGI-Effekte schwanken beispielsweise zwischen visuell beeindruckend und plump und plastikhaft, was manchmal einfacher und dann an einigen Stellen unmöglich zu ignorieren ist. Auf optischer Ebene hat man es hier mit keinem Meisterwerk zu tun, aber es ist doch lobenswert, wie farbenfroh und für das Auge unterhaltsam jüngere Netflix-Serien wie „Avatar“ und „One Piece“ trotz einiger Mankos sind. Der Abenteuer-Stil macht Spaß, ohne zu quietschbunt oder überladen zu sein.

Avatar der Herr der Elemente Netflix Live action
Die Live-Action-Adaption von „Avatar“ ist jetzt auf Netflix zu sehen

Ebenso erwähnt werden muss, dass das Tempo von Netflix‘ „Avatar“-Serie beizeiten unter starken Schwankungen leidet. Von Plotpunkt A muss zu Plotpunkt B gehetzt werden, damit sich ja noch Plotpunkt C ausgeht, oder lässt man diesen doch lieber weg? Es war damit zu rechnen, dass es in diesem Bereich Probleme geben würde. Das ist das Los so vieler Adaptionen: Manchmal sind Änderungen notwendig, zumindest solange sie einen Sinn ergeben. Über diesen Punkt kann man sich natürlich streiten.

Lob gebührt „Avatar“ für den Soundtrack, der glücklicherweise die Sounds des Originals einsetzt, und für die Stuntchoreographie. Der Cast, bestehend aus in Hollywood überwiegend noch unbekannten Gesichtern, hat sichtlich Spaß bei der Arbeit und auch wenn die eine oder andere Dialogzeile dann mal etwas hölzern klingt, dürfen sich einige Darsteller und Darstellerinnen hoffentlich auf weitere Rollen in der Zukunft freuen.

Fazit

„If it ain’t broke, don‘t fix it” – Netflix‘ Live-Action-Adaption von “Avatar – Der Herr der Elemente” wird bei Fans des Originals keine Begeisterungsstürme auslösen, für neu gewonnene Fans aber einen Anstoß liefern, vielleicht einmal einen Blick auf die Zeichentrickserie zu werfen. Wer nicht mehr erwartet, als ein paar unterhaltsame Stunden, der kann guten Gewissens auf „Play“ drücken und sich entspannt zurücklehnen.

Wertung

Bewertung: 8 von 10.

(80/100)

Avatar – Der Herr der Elemente
Serie, USA, 2024, Abenteuer / Fantasy
8 Episoden a 47–63 Minuten
Entwickelt von Albert Kim
seit 22.2. auf Netflix

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